URTEIL DES GERICHTSHOFS (Fünfte Kammer)
23. April 2015(*)
„Vorlage zur Vorabentscheidung – Richtlinie 2006/126/EG – Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine – Weigerung eines Mitgliedstaats,
die Gültigkeit eines Führerscheins anzuerkennen, der einer Person, die unter dem Einfluss berauschender Mittel gefahren ist, von einem
anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden ist“
Sevda Aykul
gegen
Land Baden-Württemberg
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2006:403:0018:0060:DE:PDF
Der Gerichtshof (Fünfte Kammer) hat in diesem Fall für Recht erkannt:
1. Die Art. 2 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.
Dezember 2006 über den Führerschein sind dahin auszulegen, dass sie einen Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Inhaber eines
von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins vorübergehend aufhält, nicht daran hindern, die Anerkennung der Gültigkeit
dieses Führerscheins wegen einer Zuwiderhandlung seines Inhabers abzulehnen, die in diesem Gebiet nach Ausstellung des Führerscheins
stattgefunden hat und die gemäß den nationalen Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats geeignet ist, die fehlende Eignung
zum Führen von Kraftfahrzeugen herbeizuführen.
2. Der Mitgliedstaat, der es ablehnt, die Gültigkeit eines Führerscheins in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren in Rede
stehenden anzuerkennen, ist dafür zuständig, die Bedingungen festzulegen, die der Inhaber dieses Führerscheins erfüllen muss, um das
Recht wiederzuerlangen, in seinem Hoheitsgebiet zu fahren. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, zu untersuchen, ob sich der fragliche
Mitgliedstaat durch die Anwendung seiner eigenen Regeln in Wirklichkeit nicht unbegrenzt der Anerkennung des von einem anderen
Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins entgegenstellt. In dieser Hinsicht ist es auch seine Aufgabe, zu überprüfen, ob die von den
Rechtsvorschriften des erstgenannten Mitgliedstaats vorgesehenen Voraussetzungen gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht die
Grenzen dessen überschreiten, was zur Erreichung des von der Richtlinie 2006/126 verfolgten Ziels, das in der Verbesserung der Sicherheit
im Straßenverkehr besteht, angemessen und erforderlich ist.
URTEIL DES GERICHTSHOFS (Zweite Kammer)
26. April 2012(*)
„Richtlinie 2006/126/EG – Gegenseitige Anerkennung der Führerscheine – Weigerung eines Mitgliedstaats, die Gültigkeit eines Führerscheins
anzuerkennen, der einer Person, deren Fahrerlaubnis in seinem Hoheitsgebiet entzogen wurde, von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellt worden
ist“
Wolfgang Hofmann
gegen
Freistaat Bayern
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=122168&pageIndex=0&doclang=DE&mode=req&dir=&occ=first&part=1&cid=155834
0#Footnote*
Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Zweite Kammer) für Recht erkannt:
Die Art. 2 Abs. 1 und 11 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/126/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Dezember 2006 über
den Führerschein (Neufassung) sind dahin auszulegen, dass sie es einem Mitgliedstaat verwehren, die Anerkennung der Gültigkeit des einer Person,
die Inhaber einer ihr in seinem Hoheitsgebiet entzogenen früheren Fahrerlaubnis war, außerhalb einer ihr auferlegten Sperrfrist für die Neuerteilung
dieser Fahrerlaubnis von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Führerscheins auch dann abzulehnen, wenn die Voraussetzung eines
ordentlichen Wohnsitzes im Hoheitsgebiet des letztgenannten Mitgliedstaats eingehalten wurde.
RICHTLINIE 2006/126/EG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 20. Dezember 2006
über den Führerschein (Neufassung)
http://www.1-2-3-fuehrerschein.de/tl_files/1-2-3-fuehrerschein/download/dritte_eu_richtlinie.pdf
SEITE 2006 BEI 123RECHT.NET
Auch nach dem 19.01.09 erteilte Führerscheine sind anzuerkennen.
Es kam wie ein Paukenschlag aus Luxemburg. Mit Urteil vom 26.04.2012, Az. C-419/10, stellte der EuGH in der Rechtssache Hofmann fest, dass auch nach dem
19.01.2009 erteilte EU-Führerscheine anzuerkennen sind. Diese Entscheidung steht im Widerspruch zur deutschen Rechtslage. Nach § 28 Abs. 4 Ziffer 3 FeV
sind ausländische Führerscheine dann nicht anzuerkennen, wenn zuvor in Deutschland die Fahrerlaubnis entzogen worden war.
Dieser Regelung erteilte der EuGH nunmehr eine Absage. Die Regelungen der 3. Führerscheinrichtlinie verbieten eine Nichtanerkennung des Führerscheins,
wenn der ordentliche Wohnsitz im Ausstellerstaat bestanden hat und eine etwaige Sperrfrist abgelaufen ist. Die deutsche Rechtsauffassung, nach der ein solcher
Führerschein nicht anerkennungsfähig sei, ist damit nicht mehr vertretbar.
Für den Inhaber oder potentiellen Interessenten für den Erwerb solcher Führerscheine bedeutet diese Grundsatzentscheidung, dass bei Einhaltung des
Wohnsitzprinzips für die deutschen Behörden eine Nichtanerkennung de facto nicht mehr durchsetzbar ist und jetzt der deutsche Gesetzgeber wieder einmal
seine Regelungen an höherrangiges Gemeinschaftsrecht anpassen muss.